Schon mal was von Overthinking gehört?

Mir fehlt noch immer das passende deutsche Wort dafür. Wie wäre es mit dem altmodischen „Grübeln“? Oder „sich den Kopf zerbrechen“? Auch mir ist das Phänomen mit dem einen oder anderen persönlichen Problem bestens vertraut. Und doch glaube ich, dass Overthinking momentan vielen Menschen den Schlaf raubt. Im wahrsten Wortsinne. Ob Corona geschuldet – dieser Pandemie kann man ja gerade alles in die Schuhe schieben – oder unserer ständigen Mental Work Load, ich weiß es nicht. Beobachten tue ich es aber immer öfter. Und als ich neulich einen Artikel dazu las, wußte ich, dass ein neuer Begriff dafür geboren war.

Wie hat meine Chefin meinen kritischen Kommentar heute aufgefasst? Warum hat er mir nicht gleich auf meine WhatsApp geantwortet obwohl er online war? War ich gestern mit meinem Sohn zu streng? Warum habe ich keine Likes für meine Postings bekommen?

Banalitäten könnte man sagen. Und doch scheinen sie im Kopf zu ungeahnter Größe heranzuwachsen. Sie breiten sich aus und dominieren unser Denken. Wir wälzen sie hin und her, hinterfragen, interpretieren und verkomplizieren. Und so wird aus dem beiläufigen Nebensatz, aus der unbeantworteten WhatsApp eine ganz ungesunde Negativ-Spirale. Die macht uns traurig, raubt uns Energie und lenkt uns ab. In Extremfällen kann sie sogar depressiv machen.

Und was kann man nun dagegen tun? Am besten hilft Ablenkung. Den Gedanken was anderes zum Spielen zu geben. Das kann ein Buch sein, die nächste Folge (oder auch mal zwei) der Lieblingsserie, ein guter Podcast, das Telefonat mit einem guten Freund. Alles was uns hilft, gedanklich die Richtung zu wechseln.

Noch besser gelingt uns das Ablenken, wenn wir es mit körperlicher Aktivität verbinden. Sport ist auch hier mal wieder beste Medizin. Oft reicht es auch aus, den Ort zu wechseln. Raus zu gehen. Was anderes sehen. Was anderes hören. Den Wind durch den Kopf wehen lassen.

Auch Achtsamkeit, die momentan so beliebte Mindfulness, kann helfen. Wer bewußt im Augenblick lebt, Reize und Gefühle registriert und annimmt, lernt irgendwann auch negative Gedanken einzuordnen. Diese verlieren schon dann an Größe, lassen sich einordnen und schließlich abhaken.

Mein Lieblingstipp allerdings ist ein bisschen Psychohygiene. Vor dem eigenen Badspiegel können wir unserem Spiegelbild ins Gesicht schauen und es fragen: „Ernsthaft?“ Oft reicht das schon, um uns zum Lachen zu bringen. Wenn nicht, dann dazu wilde Grimassen schneiden und immer wieder fragen: „Ernsthaft?“ Spätestens jetzt schütteln wir über uns selber den Kopf und die Gedankenspirale ist unterbrochen. Und wenn das nicht helfen sollte noch ein zweiter Tipp: Einen Deostift, den Fön oder die Haarbürste als Mikrofon und dem Spiegelbild alle Gedanken erzählen. Einen nach dem anderen. Das macht uns die Absurdität unseres Gedankensalats bewußt und irgendwann versiegen schlicht die Worte.